2020

Schon im Winter bekamen wir immer öfter Besuch von Kohlmeisen, die im Vergleich zu unseren Blaumeisen deutlich größer und stärker aussahen. Das Einflugloch, das wir in den Kasten gebohrt hatten, war mit ca. 30 mm Durchmesser zwar eigentlich zu klein, aber die Kohlmeisen setzten alles daran, mit wildem Gepicke und Geklopfe, dieses Loch zu vergrößern.

Und irgendwann schien es ihnen wirklich gelungen zu sein, denn wir konnten manchmal abends beochbachten, wie sich eine Kohlmeise durch das Loch in den Nistkasten zwängte und dort übernachtete.

Erfolgreich durchgequetscht: Kohlmeise im Nistkasten

Blaumeisen sahen wir immer seltener und wenn sie sich doch mal alleine oder zu zweit auf dem Balkon blicken ließen, wurden sie meist schnell von einer Kohlmeise lautstark vertrieben. Vermutlich markieren sie so ihr Revier.

An einem Tag gegen Ende März wurde dann damit begonnen Nistmaterial herbeizuschaffen. Innerhalb weniger Stunden wurden weiche Zweige, Moose, Federn und auch einige (Hunde-) Haare aufgetürmt, so dass das Nest bereits abends gut 5 cm hoch war.

Der Beginn des Nestbaus

Wir dachten, dass das Weibchen auch bald mit dem Eierlegen beginnen würde, aber es ließ sich danach noch fast zwei Wochen Zeit. Vielleicht war das Wetter auch noch nicht gut genug oder das Futterangebot zu gering.

Anfang April war es dann aber so weit und das erste Ei lag in der Nistkuhle. Dabei sollte es aber nicht bleiben. An die dreizehn Eier aus dem Vorjahr der Blaumeisen kam das Kohlmeisen-Weibchen zwar nicht heran, aber insgesamt legte es neun Eier.

Die ersten vier Eier

Das Männchen kümmerte sich in der Brutzeit sehr um sein Weibchen und versorgte es mehrfach pro Stunde mit einer leckeren, saftigen Raupe.

Das Weibchen verließ nur noch selten und wenn, dann kurz das Nest, damit die Eier nicht auskühlten.

Am 25.04. war es dann soweit und die Küken schlüpften.

Blind und nackt: Die kleinen Küken sind sehr auf die Fürsorge der Eltern angewiesen.

Obwohl wir gesehen hatten, dass alle neun Küken geschlüpft waren, hatte es eins anscheinend nicht geschafft, denn groß wurden nur acht. Als wir den Nistkasten nach der Brutzeit öffneten, konnten wir es aber auch nicht finden. Wahrscheinlich wurde es von der Mutter oder dem Vater irgendwann aus dem Nest getragen.

Fütterung der Küken. Das Video ist leider so ruckelig, da auch der Raspberry Pi 2B Schwierigkeiten mit der Verarbeitung hatte.

Aber acht Küken waren auch schon eine stolze Leistung und hungrig waren sie sowieso immer. So ein junges Küken ist wahrscheinlich auch nie satt und selbst wenn, würde es reflexartig den Schnabel aufsperren, wenn Papa oder Mama-Kohlmeise hereingeflattert kämen. Die Eltern wurden also auch so auf Trab gehalten.

Die Küken wuchsen und wuchsen und man sah immer deutlicher den Größenunterschied zwischen den kleinen Blaumeisen und den kräftigen Kohlmeisen.

Dreiecksformation

Die Küken wurden immer größer und machten auch schon ein paar Flügelbewegungen im Nistkasten. Lange konnte es also nicht mehr dauern, bis der erste Jungvogel aus dem Nest flog.

Und dann war er gekommen: Der Tag des Ausflugs. Die größte und kräftigste Kohlmeise traute sich als erste und hüpfte erst von innen an das Ausflugloch und schaute neugierig hinaus. Sie war auch die Ungeduldigste und so dauerte es nicht lange, bis sie davonflog.

Nach und nach folgten ihr ihre Geschwister, wobei sich manche etwas mehr Zeit ließen und sich mehr überwinden mussten.

Das drittletze Küken, der tollpatschige Erwin, versuchte es als nächstes. Aber kurz bevor er mit einem Hoppser in die Welt flatterte, verließ ihn der Mut und so landet er etwas unelegant auf dem Balkonboden.

Erinnerungen an das Vorjahr wurden wach und wir dachten schon, wir müssten ihm helfen. Aber er kämpfte sich aus eigener Kraft auf die Balkonbrüstung, wo er erstmal wieder ausruhen musste.

Der tollpatschige Erwin

Irgendwann hatte er genug Energie gesammelt und auch er flog davon.

Jetzt waren noch zwei Küken im Nest, von denen eins auch schon ein paar Flügelschläge im Kasten geprobt hatte. Das andere saß aber relativ unbeweglich in der Nistkuhle.

Eltern versuchen die Nachzügler aus dem Nest zu locken. Kletterhilfe aus Balkonmöbeln.

Mama und Papa-Kohlmeise kamen öfters (auch zusammen) zum Nistkasten, um die beiden Nachzügler mit Rufen, aber auch mit etwas zu Essen aus dem Nest zu locken. Sie schlüpften aber nicht mehr hinein, sondern saßen wenn dann am Einflugloch.

Waren wir anfangs noch gespannt, wann sich die beiden Küken endlich aus dem Nest trauten, wich dieses Gefühl nach und nach der Sorge, ob sie es überhaupt schaffen würden. Leider bestätigte sich unsere Befürchtung und die beiden Küken bewegten sich irgendwann gar nicht mehr. Wir waren aus dem letzten Jahr so ‚erfolgsverwöhnt‘, in dem alle dreizehn Küken das Nest verlassen hatten, dass wir an so ein Szenario gar nicht gedacht hatten.

Wir waren von dieser Entwicklung doch etwas mitgenommen, da wir die Küken die letzten Tage und Wochen beim Heranwachsen beobachtet durften und wir jetzt nichts unternehmen konnten, um ihnen zu helfen. Leider kann die Natur manchmal sehr hart sein.

Wir versuchten es aber dennoch positiv zu sehen: Sechs kleine Kohlmeisen flatterten und piepten jetzt in den umliegenden Bäumen.